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Die neue Taube an der Fed-Spitze

Wer ist Jerome Powell?

Von Diana Dittmer

Mit Jerome Powell als Nachfolger von Fed-Chefin Janet Yellen entscheidet sich Donald Trump zunächst für einen Führungs- und keinen Richtungswechsel. Das heißt aber nicht, dass alles so weitergeht wie bisher.

Fed-Chefin Janet Yellen bekommt keine zweite Amtszeit. Das ist nun sicher. Wenn ihr Vertrag im Februar kommenden Jahres ausläuft, wird aller Voraussicht nach Jerome Powell für sie an die Spitze der US-Notenbank nachrücken. Donald Trump schlug den 64-jährigen Juristen für die Nachfolge vor und ließ damit für seine Verhältnisse ungewohnte Vorsicht walten.

Powell gilt als Kompromiss. Er war der am wenigsten kontroverse Kandidat. Obwohl er Yellens Geldpolitik größtenteils unterstützt, gilt er gleichzeitig auch als Freund einer weniger strikten Regulierung der Finanzmärkte und damit als marktfreundlicher.

Trump setzt damit im Wesentlichen auf Kontinuität und Sicherheit. Es ist ein Führungs-, aber kein Richtungswechsel. Powell gehört bereits seit 2012 dem Gouverneursrat der Notenbank an. Da er einen ähnlich taubenhaften geldpolitischen Ansatz wie seine noch amtierende Vorgängerin vertritt, dürfte der ehemalige Finanzinvestor beim derzeitigen Zinserhöhungsprozess auch ähnlich behutsam wie Yellen vorgehen.

Tauben, im Unterschied zu den Falken in der Geldpolitik, betreiben eine expansive Geldpolitik. Mit niedrigen Zinsen und billigem Geld soll die Wirtschaft stimuliert werden. Befürchtungen, Trump könnte in dieser sensiblen Phase, in der die Fed vorsichtig versucht, zur geldpolitischen Normalität zurückzukehren, eine krasse Entscheidung treffen, haben sich damit nicht bestätigt. “Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass Powell auf die Pauke haut”, sagte der CNN-Experte Dylan Ratigan nach der Nominierung. Auch bei den Anlegern in den USA sorgte die Ernennung des langjährigen Fed-Direktors für Entspannung.

“Der Mann des Konsens”

Trumps Partei wird mit dieser Entscheidung ebenfalls zufrieden sein. Politisch steht Powell den regierenden Republikanern nahe, in den 1990er-Jahren – unter Präsident George Bush – arbeitete er für das Finanzministerium. Zudem ist er der Wunschkandidat von Finanzminister Steven Mnuchin – woraus Beobachter theoretisch eine gewisse Nähe zwischen Regierung und Notenbank ableiten. Gleich in seiner ersten kurzen Rede nach der Nominierung trat Powell solchen Verdächtigungen entgegen, indem er die Unabhängigkeit der Notenbank und seiner Position betonte.

“Er wird die Führungsstärke zeigen, die wir brauchen”, pries Trump seinen Kandidaten bei einem gemeinsamen Auftritt im Rosengarten des Weißen Hauses. Er sei eine “starke” und “schlaue” Führungspersönlichkeit. Es gebe wenige Positionen, die wichtiger seien als die des Notenbankchefs, betonte der Präsident weiter. Powell habe gezeigt, dass er ein Mann des Konsenses sei, der die Wirtschaft durch alle Herausforderungen führen könne. “Ich hoffe, der Senat wird ihn schnell bestätigen.”

Vieles sieht nach “business as usual” aus. Powell dürfte die Arbeit von Yellen unaufgeregt fortführen und die Geldpolitik der US-Notenbank allmählich weiter normalisieren. Trotzdem wäre es übertrieben, zu behaupten, dass es wohl keinen Unterschied macht, wer die US-Notenbank führt, Yellen oder Powell. Welche Führungsqualitäten Powell besitzt, wie stark er ist, wenn das Entscheidungsgremium gespalten ist, wird sich erst zeigen müssen.

Neuer Chef, alter Kurs?

Kritiker bemängeln, dass Powell der akademische Hintergrund seiner Vorgänger fehlt. Auch wenn er sich an der Wall Street durchaus Respekt verschafft hat, ist er kein Ökonom, sondern Jurist. Auch die Tatsache, dass er kein großer Freund einer strikten Marktregulierung ist, so wie seine Vorgängerin, stimmt manche Beobachter vorsichtig. Lässt Powell die Finanzmärkte von der Leine, könnte das durchaus auch wieder gefährlich werden, warnen Beobachter.

Zunächst einmal verspricht es ein ruhiger Einstand für Powell zu werden. Wenn er die Notenbank im Februar übernimmt, wird er voraussichtlich noch vergleichsweise geordnete geldpolitische Zustände vorfinden.

Doch die Herausforderungen werden kommen. Die nächste Rezession könnte durchaus in seiner vierjährigen Amtszeit heraufziehen. Der Internationale Währungsfonds sieht die Zukunft der US-Wirtschaft weit weniger rosafarben als das Weiße Haus. Wie wird Powell darauf reagieren? Dass er zum geldpolitischen Magier taugt, traut man ihm heute zumindest noch nicht zu. Eine weitere Herausforderung könnten auch einbrechende Börsenkurse werden. Die US-Börsen boomen derzeit vor allem aufgrund der Geldpolitik und der Erwartungshaltung an die von Trump versprochene Deregulierungs- und Steuerpolitik.

So zahm Trumps Entscheidung für Powell als Fed-Chef daherkommen mag, bisher war der US-Präsident doch eher für krasse Entscheidungen und negative Überraschungen gut. Leicht dürfte es für den neuen Mann an der Spitze der Fed nicht werden.

Quelle: n-tv.de